Am Institut für Biotechnologie und Wirkstoff-Forschung wurde über 40 Jahre hinweg eine umfangreiche Sammlung von verschiedensten Pilzstämmen aufgebaut, unter anderem Arten, die am sogenannten Esca-Syndrom der Weinrebe beteiligt sind. Die Vielfalt der Naturstoffe (Sekundärmetabolite), die von Pilzen produziert werden, hängt mit umfangreichen Batterien von Genen zusammen (sogenannten Genclustern), durch die legoartig durch die variable Kombination von ähnlichen Bausteinen sehr unterschiedliche Produkte hergestellt werden können. Besonders interessant sind die Polyketid-Synthasen, von denen man annimmt, dass sie unter anderem für solche Komponenten verantwortlich sind, die pflanzliche Immunität abschalten oder umlenken können – also für die Kommunikation zwischen Pilz und Pflanze. Unter Laborbedingungen sind diese Gencluster jedoch nur selten aktiv. Wir vermuten daher, dass sie nur in Antwort auf pflanzliche Signale aktiviert werden. Wir können gezielt die einzelnen Gene in den Genclustern verändern, um dadurch Hinweise auf deren Funktion zu erhalten (Jacob et al., 2017).
Um die genaue Wirkung von solchen pflanzlichen oder pilzlichen Signalen nachweisen zu können, untersuchen wir die zum Beispiel die „Chefetage“ von bestimmten Genen, sogenannte Schalterproteine (Transkriptionsfaktoren), die ein ganzes Gencluster an- oder ausschalten können. Dazu werden wir die Steuersequenz dieser Schaltergene vor ein Genstück platzieren, das den Bauplan für ein fluoreszierendes Protein beinhaltet. Immer dann, wenn der Schalter aktiv wird, lässt sich also ein Leuchtsignal beobachten. Damit kann man untersuchen, welche Signale aus pflanzlichen Zellen bei Pilzen die Aktivierung des Sekundärstoffwechsels und damit die Produktion von Naturstoffen auslösen. Erste Kandidatenmoleküle für solche Kommunikationsformen zwischen Pflanze und Pilz konnten in einer Zusammenarbeit zwischen dem IBWF und KIT-BOT schon identifiziert werden: das pflanzliche Molekül Ferulasäure ist ein Vorläufer des Holzstoffs Lignin und kann bei dem Esca-Pilz Neofusicoccum parvum die Bildung von Toxinen („Kampfstoffen“) auslösen, die möglicherweise für das Krankheitsbild verantwortlich sind.
Literaturquelle
Jacob, S., Grötsch, T., Foster, A. J., Schüffler, A., Rieger, P. H., Sandjo, L. P., ... & Thines, E. (2017). Unravelling the biosynthesis of pyriculol in the rice blast fungus Magnaporthe oryzae. Microbiology, 163(4), 541.